Literatur Esders, Stefan: Wergild and social practice in the early middle ages: a 9th-century Reichenau Fragment and it's context (fredum/-us/-a, wadium, weragelt, weregeldum/-us, wergild, werageltum, chrenecruda)
Autor | Esders, Stefan |
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Titel | Wergild and social practice in the early middle ages: a 9th-century Reichenau Fragment and it's context |
Weitere bibliographische Angaben | in: Sato, Shoichi (Hrsg.): Entre texte et histoire. Études d´histoire médiévale offertes au professeur. Paris: Éditions de Boccard. |
Fundstelle | S. 117-128. |
Zitat | In einem Fragment aus Reichenau (9. Jhd) ist eine Schuldnerliste eingetragen, die sich im Besitz der Kirche befindet. Es ist wahrscheinlich, dass die Kirche hier als Kreditgeber fungierte und den verzeichneten Schuldnern Geld geliehen hatte. Die zu bezahlenden Strafen für jeden der 4 Hauptschuldnern bestanden jeweils aus wadium (Pfand) von 30 Pfund (librae), welche in Geld oder Naturalien bezahlt werden konnten, und einer Strafe von 60 solidi an den fiskus (fredum). zwar ist es nicht spezifiziert, aber die Strafe war wahrscheinlich als wergild gedacht, welches für einen Mord an die Verwandten des Opfers zu zahlen war. Auf der Schuldnerliste sind mehrere Namen hinter den Hauptschuldnern verzeichnet, welche als Bürgen identifiziert werden könnten; darunter befinden sich auch zwei Frauennamen. Da die Geldstrafe von 30 Pfund sehr hoch anzusehen ist, muss davon ausgegangen werden, dass die komplette Familie des Täters finanziell belastet wurde. Einen Hinweis darauf gibt auch das in den Lex Salica genannte chrenecruda-Ritual, bei dem der Schuldner Erde aus den vier Ecken seines Hauses nehmen musste, um damit seine zahlungsunwilligen Verwandten zu bewerfen und sie dadurch zu zwingen, sich an der finanziellen Last zu beteiligen. Konnte die Familie das Geld immer noch nicht aufbringen, wurde die Strafe auch auf die direkten Nachkommen des Täters umgelegt. Außerdem konnte sich der Schuldner in Dienerschaft begeben, um die Bezahlung sicher zu stellen. Die Geldstrafen, die über das wergild geregelt waren, konnten von allen Richtern und dem Clerus verwendet werden, um einen Ausgleich zu schaffen. In den leges barbarorum finden sich detaillierte Aufzählungen, welche als Grundlage dienten, fein abgestufte Strafen zu verhängen. Außerdem banden die hohen Geldstrafen ganze Familien ein, sodass lange Fehden verhindert werden sollten. Es gibt also eine tiefgreifendere gesellschaftliche Bedeutung der Geldstrafen. |
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