LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe leodis, leodi (?), leudi (?), leudes, liut (HRG)

Wörterbuch Cordes, Albrecht/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRGdigital), URL: http://www.HRGdigital.de
Fundstelle Bd. 3, Sp. 842-846
Inhalt

Leod, leudes Ags., fränk. leod ‘Mann’, frankolat. leodis, westgot., burgundisch leudes ‘Leute’ begegnet im → angelsächsischen Recht und in den kontinentalen → Leges barbarorum. Letztere enthalten das Simplex leod ‘Mann’ allerdings nur fünf Mal (→ Lex Burgundionum, → Leges Visigothorum, Pactus legis Salicae und → Lex Salica). Daneben treten die Bezeichnungen in der Form leud/leudis in merow. und frühkarol. Urkunden auf (→ Fränkisches Recht). Sehr viel häufiger aber finden sich die Ableitungen von leod: leodi, leudi in der Bedeutung → ‘Wergeld’ in den ags. Gesetzen, im Pactus und in der Lex Salica, in den Leges Visigothorum, den Leges Burgundionum, der → Lex Ribuaria, der → Lex Francorum Chamavorum, der → Lex Thuringorum und der → Lex Frisionum. Nur im Pactus und in der Lex Salica werden die Ableitung leodinia ‘Frauenwergeld’ und folgende Zusammensetzungen verwendet: leodardi ‘Wergeld’, theoleodi ‘Knechtswergeld’, smalaleodi ‘Mädchenwergeld’, matteleodi, modileodi ‘Mordmanngeld’, uualaleodi ‘Welschenmanngeld’, leodi saccheuuithen ‘Rechtskundigenwergeld, Rechtsvollstreckerwergeld’. Das Wort leod/leud steht im Zusammenhang mit an. lýþr, as. liud, ahd. liut → ‘Volk’. Es wird im Althochdeutschen im Singular sowohl als starkes Maskulinum als auch als Neutrum verwendet, daneben existiert das Femininum im Plural ahd. liuti (ags. liuti) ‘Leute, Menschen’. Die Formen mit eu: leud, leude, leudis können als die ursprünglich germanischen angesehen werden (Tiefenbach, 69). Wörter volkssprachiger Herkunft in merow. und karol. Rechtsquellen spiegeln gelegentlich die lautliche Entwicklung der Volkssprache selbst wieder. Etwa um die Wende zum 9. Jh. ist hier allerdings eine Erstarrung der lautlichen Form auf einem germ. vorahd. Zustand festzustellen. Dieser Lautstand wurde von der sprachlichen Entwicklung der Folgezeit nicht mehr betroffen. Diese Beobachtung Tiefenbachs bestätigt sich auch in den Leges-Belegen. Karolingerzeitliche Leges wie die Lex Frisionum und die Lex Francorum Chamavorum weisen die archaischeren Formen leude, leudis auf. Der fränk. Rechtsterminus befindet sich bereits im Rückzug, das Wort gehört nicht mehr der Volkssprache an. Die ags. und die salfränk. Gesetzgebung dagegen bestätigen durch den Vokalismus – leod –, dass die Bezeichnung ein in der Volkssprache lebendiges Wort ist. [...]

Letzte Änderung am 02.07.2020 durch HiWi
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