LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe grafio (RGA)

Wörterbuch Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter.
Fundstelle Bd. 12
Inhalt

Graf/Grafio: [...] Das Wort erscheint in den ahd. Textdenkmälern (Tatian, Trierer Capitulare, Pariser Gespräche, Georgslied) und den ahd. Gl. als das schwache Mask. grâfo, grâvo, gârabo und grâbo mit den Bedeutungen ,G., Vorsteher, Statthalter’ (1, IV, 400; 11, 131; 13, 238). In den Gl. und den vorlagegebundenen ahd. Textdenkmälern ist das Wort hauptsächlich zu den Lemmata praeses und comes belegt, daneben zu procurator und ferner zu princeps militiae, tribunus, provisor, conductor und consul (1, IV, 400). Entsprechungen sind im Mhd. grâve, im Md. grâbe, im Mndl. grâve und im Nndl. graaf. Daneben ist eine Var. mit -j-Bildung bezeugt. In den ahd. Gl. tritt diese Var.grâvio an wenigen Stellen (1, IV, 400) mit den gleichen Bedeutungen auf. Im As. erscheint das Wort als grâvio (7, 28; vgl. die Hinweise auf Komposita mit -grâvio bei: 5, 569), md. als grêbe, mnd. grêve (woraus an. greifi, dän.schwed.greve entlehnt ist), mnl. grêve und afries.grêva (8, 266). Zu beiden Var. existieren Komposita, so zu ahd. grâfo die Wortbildungsprodukte burg-, lant-, pfalanzgrâfo sowie (bereits ins Mhd. weisendes) zentegrâve (Verweis siehe: 13, 238), und zu grâvio die Komposita aftergrâvio (Beleg aftergreue im Glossar Jd der Hs. Oxford, Bodleian Library Jun. 83: 1, I, 47) ,Vizegraf’, burg-, lant-, marc- und pfalanzgrâvio (Verweis siehe: 13, 238). Moviert ist das in den ahd. Gl. bezeugte starke Fem. ahd. grâ vîn oder grâvinna (1, IV, 399) zum Lemma comitissa, zu dem die Komposita marc- und pfalanzgrâvîn vorliegen (Verweis siehe: 13, 238). Außer im volkssprachigen Kontext kommt das Wort auch in lat.Qu. vor. In merow. und karol. Qu., und zwar zuerst in der L. S. (zum Vorkommen siehe: 4, I, 1777 f.), ist mlat. grâfio in den Schreibvar. graphio, grafio, graffio, grauio, gravio, grafionus (6, IV, 1, 5, 1698) ,Steuerbeamter, gerichtlicher Verwalter’ gut bezeugt. [...] Der sprachliche Ursprung des Wortes ist umstritten. Während die ält. Forsch. wie auch Hoops 1 (II, 325) von einer germ.sprachigen Grundlage ausgeht, neigen neuere etym. Wb. (9, 467; 7, 333) der Auffassung Brøndals (3, 145-147) zu, der mlat. grafio aus griech.γραφεύς ,Schreiber’ (> *lat.grafus) abgeleitet wissen will, ohne allerdings diesen ,Hoftitel’ und die Funktion seiner Träger im einzelnen nachzuweisen. Dieser Herleitung stehen auch gewichtige sprachliche Gründe entgegen. [...]

Letzte Änderung am 14.01.2020 durch HiWi
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Lemmata