LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe wargus (RGA)

Wörterbuch Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter.
Fundstelle Bd. 33
Inhalt

Wargus: [...] Am Anfang der Diskussion über das sprachliche und rechtsgeschichtl. Problem, das der merow.-frk. Rechtsterminus wargus aufgibt, steht J. Grimms Bemerkung in seinen „Rechtsalterthümern“ von 1828: W. bedeute Wolf und Räuber, weil der Verbannte gleich dem Raubtier ein Bewohner des Waldes sei und gleich dem Wolf ungestraft erlegt werden dürfe (10, II, 335). Sprachgeschichtl. hatte dies für gemeingerm. *wargaz zum Ansatz einer Doppelbedeutung ,Wolf' bzw. ,Verbrecher' geführt. Rechtsgeschichtl. folgerte man daraus, daß wargus auf dem Hintergrund einer umfassenden Friedensgemeinschaft zu sehen sei, die den Missetäter dem Wolf gleichstelle, der als Friedloser von jedermann als Feind behandelt werden durfte (17). Doch war die Friedlosigkeit sühnbar. Der Friedlose konnte sich „aus dem Walde“ kaufen, wie Conrad formulierte (8, 51). Die Qu.lage zeigt folgendes Bild: Im Pactus legis Salicae wird in Tit. 55 (§ 4) von der Ausgrabung und Ausplünderung einer schon bestatteten Leiche gesprochen. Der Grab- und Leichenschänder sei wargus genannt worden - und dies bis zu dem Zeitpunkt, da er mit den Verwandten des Verstorbenen eine Übereinkunft erreicht hätte (1; 2; 4; 27; 12, § 68, § 130, § 155). Eckhardt übersetzte wargus mit ,wolfsfrei' bzw. ,Würger'. In diesen Qu. des 6. und 7. Jh.s ist der Terminus allein auf die genannte Leichenschändung bezogen. Unter den ags. Rechtstexten sind es nur die Leges Henrici I (§ 83,5), die vom Leichenräuber sagen: wargus habeatur. Liebermann sieht darin eine Abschrift aus der Lex salica (20, 414), so daß für das Ags. der Terminus nicht originär wäre. Die volkssprachige Form für wargus (= wearg) gebrauchen die nichtjuristischen Texte im Sinne von Wolf, Geächteter. [...] Auch die westgerm. Sprachen liegen auf dieser Linie einer übertragenen Bedeutung: as. warag ,Verbrecher, Frevler', ae. wearg ,accused one, outlaw, felon, criminal', ahd. warg ,Feind, der Böse, Teufel' (7, 1021 f.). Eine Ableitung liegt vor in ahd. fur-uuergen (Tatian), as. giwaragean (Heliand)und ae. wiergan ,verfluchen, bestrafen' (d. i. zu einem Missetäter erklären und ihn bestrafen). [...]

Letzte Änderung am 14.04.2020 durch HiWi
Link http://www.degruyter.com/view/GAO/RGA_6363
Lemmata