LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Literatur Niederhellmann, Annette: Arzt und Heilkunde in den frümittelalterlichen Leges. Eine wort- und sachkundliche Untersuchung. (glas(a)ougi / LAla A Tit. LVII, 13)

Autor Niederhellmann, Annette
Titel Arzt und Heilkunde in den frümittelalterlichen Leges. Eine wort- und sachkundliche Untersuchung.
Weitere bibliographische Angaben Berlin/ New York 1983.
Fundstelle S. 294ff.
Zitat

Die Glosse glasaugi der Lex Alamannorum (HS A3, Tit. 57,13) ist schwer zu fassen. Es handelt sich im Befund wohl um eine Verletzung, die zur Erblindung führt, dabei ist jedoch der Augapfel noch vorhanden. Nach du Cange ist etwa der (graue) Star als Erkrankung anzunehmen, was durch mittelalterliche Bilderhandschriften gestützt wird. Mnd. glasôge bedeutet ebenfalls „starblindes Auge, Auge mit blindem Ring um den Stern“. In oberdeutschen Dialekten ist glasauge als „bestimmte, hellfarbige, inbes. weiße Pferdeaugen“ belegt, weitere (Tier-)Bezeichnungen insbesondere für Schimmel (Pferde) sind va. in oberdeutschen Dialekten bezeugt. Es lassen sich insgesamt drei verschiedene Bedeutungsgruppen nachweisen: 1. Pathologische Erscheinungen am menschlichen Auge, 2. Bezeichnungen für charakteristische, nicht pathologische Erscheinungen an Tieraugen und 3. Die oberdeutschen Verbformen glasen, gläs(s)en ect. für eine bestimmte, starre Art des Blicks. Auf die Erscheinung des (vernarbten) menschlichen Auges, das durch eine Verletzung entstellt und erblindet ist, kann auch das Aussehen des Tierauges, nämlich milchig weiß, übertragen werden. In diesem Fall wäre das Erstglied ahd., mhd. „Glas, Bernstein“, aisl. gler, ae. glæs, afries. gles, as. glas, gles „Glas“ zur idg. Wurzel *ghel- „glänzen, schimmern“. Dabei ist „Bernstein“ die ursprüngliche Bedeutung. Andererseits kann auch das starre, leblose Aussehen, das in oberdt. glasen, gläs(s)en „starren, glotzen“ vorkommt, bezeichnungsmotivierend sein. Der zweite Wortbestandteil gehört zu ahd. ouga, got. augō, mhd. ouge, das in Komposita des Althochdeutschen oft mit dem Endvokal -i auftritt. Die idg. Wurzel dazu ist *oku- „Auge“.

Lemmata
  • glas(a)ougi (Lex Alamannorum)
  • Werktextstellen
  • LAla A Tit. LVII, 13, glasougi