LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe aroen, charoena (RGA)

Wörterbuch Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter.
Fundstelle Bd. 24, S. 159-161
Inhalt

Raub

R., ahd. roub, as.rof, ags. reaf, altfrk. charoena, in den lat. Qu. rapina oder spolium, bezeichnet in den nord. Rechten (rán) anfangs ganz allg. die Anmaßung einer Rechtsposition, die einem anderen zusteht (9, 907), z. B. die unerlaubte Eigenmacht, die Gebrauchsanmaßung und das Abernten eines fremden Ackers (2, 471). Auch bei den mitteleurop. Stämmen weist der Begriff in germ. Zeit kaum Konturen auf. Die heutige Freiheitsberaubung wurde noch bis ins MA als Menschen-R. gestraft (Ssp. II 13 § 5), was aber insoweit eine Ausnahme darstellt, als R. grundsätzlich ein Eigentumsdelikt (Eigentumsdelikte) war. […]

In seiner engeren Bedeutung bezeichnet R. meist die widerrechtliche Wegnahme einer im fremden Besitz befindlichen Sache. Es mußte sich nicht zwingend um die Verletzung fremden Eigentums handeln, weil auch die Pfandkehr oder die Wegnahme der eigenen Sache z. B. unter Mißachtung der Regeln über den Anefang als R. erfaßt wurde (L. S. 37,2). Die Widerrechtlichkeit fehlte etwa beim Beutemachen (Beute) im Krieg und war problematisch bei der Pfändung (Urteilsvollstreckung), die einerseits als Beispiel einer gerechtfertigten Wegnahme genannt, andererseits in den Qu. mitunter als R. eingestuft wird (so Liutpr. 40; L. S. 9,5). […]

Vom Diebstahl wird der R. meist durch die offene Wegnahme abgegrenzt (10, 469; 5, 182), mitunter wurde beides auch nicht genau unterschieden, so etwa bei den Lang. (8, 151). […] Ein Grund für die unklare begriffliche Unterscheidung könnte u. a. darin gesehen werden, daß auch im röm. Recht ähnlich ungenau abgegrenzt wurde (7, 737 f.). Nicht bei allen germ. Stämmen war der R. auf bewegliche Sachen beschränkt, so daß mitunter auch die Vertreibung des Eigentümers von seinem Grund und Boden als Land-R. erfaßt wurde ( 2, 471). […]

Bei den Langob. ist dies die einzige Verwendung des Begriffs R.; dieser plodraub (,Blutraub` E. Roth.c. 14; reraubE. Roth.c. 16, vgl. 8, 153) löste eine Zusatzbuße zur Mordbuße aus (8, 151). Aber nicht nur bei den Langob. wurde das Delikt mit einer konkreten Erscheinungsform identifiziert; die Gewalt wird darüber hinaus in einer Reihe von Qu. er wähnt (rem vi rapuerit - L. Fris 8,1; L. Burg. 9; L. S. 44) und kennzeichnete dort ebenfalls eine spezielle Form der Tatbegehung, die damals öfter vorkam (nodrof, nydnaem); mit Schachraub wird z. B. in den westfrk. Kapitularien der gewaltsame Überfall umschrieben (1, 839), eine typische Fehdehandlung (Fehde) […]

Die Strafe variierte entspr. dem unklaren Tatbestand stark. Oft bestand sie im mehrfachen Ersatz des geraubten Gutes und war regelmäßig leichter als die des Diebstahls. Während letzterer im alem. Recht mit der neunfachen Buße geahndet wurde, betrug sie beim einfachen R. nur das dreifache (L. Alam. 5,2). Bei den Friesen hatte der Täter jeweils zweifachen Ersatz zu leisten, aber der Dieb das höhere Friedensgeld (L. Fris. 8). Umgekehrt setzte das ags. Volksrecht für beides die gleiche Buße fest, der Ersatz des R.-Gutes mußte nur einfach erfolgen (Ine 7; 10 - Liebermann, Ges. d. Ags., 93, 95).

Letzte Änderung am 25.04.2020 durch HiWi
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