LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe grafio (KLeR)

Wörterbuch Köbler, Gerhard (1997): Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte. München: Beck.
Inhalt

Graf (lat. [M.] comes) ist im Mittelalter ein ursprünglich königlicher Amtsträger. Der Titel comes findet sich im römischen Altertum seit Kaiser Diokletian (284-313/6) für hohe Höflinge und danach für örtliche Amts­träger (u. a. auch [lat.] comes civitatis). Der frühmittelalterliche fränkische comes soll den Frieden wahren, Übeltäter verfolgen und Schutzbedürftige sichern. Daneben kennt die fränkische (lat. [F.]) Lex Salica einen vielleicht zu got. gagrefts, Befehl, zu stellenden afrk. grafio, der auf Verlangen eines Rechtsuchenden Sachen wegnehmen oder unerwünschte Siedler vertreiben soll und der möglicherweise ein örtlicher königlicher Befehlshaber ist. In der Mitte des 8. Jh.s verschmilzt dieser grafio anscheinend mit lat. comes, dessen Aufgaben in karolingischer Zeit in der Erhaltung des Königsgutes, der Aufbietung der Heerfolgepflichtigen, der Erhebung von Zöllen, der Einziehung von verfallenem Gut und der Leitung des Rechtsstreits um Freiheit und Grund bestehen. Zwar ist der G. absetzbar, doch wird seine Stellung in vornehmen Familien bald erblich. Die richterlichen Aufgaben treten in den Vordergrund. Seit dem 11. Jh. gerät die gräfliche Gewalt unter den Einfluss nichtköniglicher Mächte. Der Grafentitel wird zu einer Standesbezeichnung. Ein Teil der Grafen wird mittelbarer landsässiger Adel, die reichsständischen Grafen treten im Reichsfürstenrat zusammen (schwäbische, wetterauische, fränkische und westfälisch-niedersächsische Grafenkurie). Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches (deutscher Nation) verliert auch der reichsunmittelbare G. seine selbständige Bedeutung. G. wird zum verliehenen höheren Adelstitel.

grafio -> Graf

Letzte Änderung am 01.07.2020 durch HiWi
Link http://koeblergerhard.de/zwergg-l.htm
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