LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe lacina (HRG)

Wörterbuch Cordes, Albrecht/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRGdigital), URL: http://www.HRGdigital.de
Fundstelle Bd. 3, Sp. 385-386
Inhalt

Lacina Das mlat. lacina ist ein francolat. Mischwort, das in der → Lex Salica und in der → Lex Ribuaria mit gleicher wie unterschiedl. Bedeutung überliefert ist. Wortbildungsmäßig ist von vordt. lak(k)în mit lat. Femininum-Endung -a auszugehen, das sich von *lakkian, ahd. lah(h)an (‘wehren’, ‘verwehren’) ableiten dürfte. Mit Hilfe der ahd. → Glossen (Schützeichel) und der → Malbergischen Glossen, die als Überreste einer mündl. tradierten Gerichts- und → Rechtssprache gelten (Schmidt-Wiegand, 1994), meint demnach via lacina in L. Sal. 14 § 5, 31 §§ 1–5, L. Rib. 83 (mit lat. via für altfränk. weg‚ ‘Weg’) ‘Wegverlegung, Wegsperre’. Davon abweichend und durch weitere lat./dt. Glossierungen gestützt (so in L. Rib. 74 De fistuca intercurrente) ist mit lacina die ‘Eidesschelte’ (→ Eid) gemeint (vgl. afries. lakia ‘schelten’, mlat. ‘Eidesschelte’). Unklar bleibt, auf wen der Text in L. Rib. 74 zu beziehen ist: auf den Kläger (Beyerle) oder den Beklagten (v. Schwerin, Brunner). Beyerle ging von der rechtssymbolisch bedeutsamen Handlung (→ Rechtssymbolik, Rechtssymbole) – dem Wegziehen der → Schwurhand – aus. Dies musste notwendig zum gerichtlichen → Zweikampf führen. Munske (1973) hat auf die Einbeziehung ahd. wie fränk. Glossen verzichtet. Dies hatte in seiner Untersuchungen über die Terminologie der → Missetaten in den → Rechtsquellen die Festlegung auf das Westgerm. zur Folge. Beyerle (1954) und Schmidt-Wiegand (1972) konnten darüber hinausgehend den Einfluss auf den ostmd. Raum und Osteuropa an Hand der Glossen nachweisen. In den Studien zu volkssprachigen Wörtern in karol. → Kapitularien (1993) hat de Sousa-Costa gezeigt, dass zwischen ca. 860 u. 900 schrittweise ein Abbau der lat.-dt. Glossierungen und damit auch ein Verschwinde[n] des Begriffs L. zu beobachten ist. Offensichtlich ist dies auf der inhaltlichen Seite mit einer Veränderung des Wertesystems verbunden (→ Latein und Volkssprache). Dieser Entwicklung entspricht auf rechtshist. Seite das Verhältnis von Pactus legis Salicae und Lex emendata.

Letzte Änderung am 17.06.2020 durch HiWi
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