LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe grafio (HRG)

Wörterbuch Cordes, Albrecht/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRGdigital), URL: http://www.HRGdigital.de
Fundstelle Bd. 2, Sp. 509-522
Inhalt

I. Spätantike und Merowingerzeit [...] Im Norden und Nordosten waren die pagi (→ Gau) ursprünglich wohl Siedlungseinheiten. In den Regionen des Reichs, die nicht romanisiert worden waren oder in denen die fränk. Siedlung dichter war, ist der grafio Amtsträger im pagus. Das Amt wird auf → Chlodwig zurückgeführt, eine allg. germ. Institution war es nicht. Der grafio hat weniger Kompetenzen als der comes. Er ist zunächst nur Inhaber jur. Funktionen und Vollstrecker von Urteilen, nicht Richter. Ihm unterstehen die → Rachinbürgen. Im 7. Jh. gewann er weitere Befugnisse, seine Stellung glich sich derjenigen des comes an. Zum Vorsitz im → Gericht kamen in der ersten Hälfte des 7. Jh. militärische Funktionen. In Teilen des Frankenreichs wurden seit dem 7. Jh. größere civitates in mehrere pagi aufgeteilt. Am Beginn des 8. Jh. wurden grafio und comes gleichgesetzt. Der Begriff grafio verschwindet nach der Mitte des 8. Jh.s aus den Qu. Am Ende des 8. Jh.s verliert der Begriff pagus zunächst in normativen Qu. an Bedeutung. Er wird durch comitatus als Ausdruck für einen räumlich verstandenen Amtsbezirk des G. abgelöst. II. Karolingerzeit Den frühen Karolingern gelang es, den Amtscharakter des G. in den Vordergrund zu rücken, wenngleich man sich vor der Vorstellung hüten sollte, dass das Reich in einen wohlgeordneten → Staat mit einem homogenen Stand von Amtsträgern umgewandelt worden ist. Die Tätigkeit des G. wird in normativen Qu. als ministerium bezeichnet. Dieser Begriff kennzeichnet auch die Stellung des Bischofs. In → Kapitularien wird der G. bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit als Stellvertreter des Königs beschrieben. Das Verhältnis zwischen G.- und → Königsbann dürfte in der Praxis weniger ein Problem gewesen sein. Ob zunächst nur die sächsischen G.en mit Königsbann richteten, ist unklar. [...]

Letzte Änderung am 07.06.2017 durch HiWi
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