LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe baro (HRG)

Wörterbuch Cordes, Albrecht/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRGdigital), URL: http://www.HRGdigital.de
Fundstelle Bd. 1, Sp. 1727-1732
Inhalt

Freie

[…] Gemeingermanische Bezeichnungen weisen in den einzelnen Leges durchaus unterschiedliche Bedeutungsentwicklungen auf. Baro, verwandt mit an. berjas(k) „streiten“ „streiten, schlagen, töten“, hatte ursprünglich die Bedeutung „streitbarer Mann, Krieger“. Auch hier wird somit ein militärischer Aspekt deutlich, der die Waffenfähigkeit als entscheidendes Kriterium der Freiheit auffasst. Im Edictus Rothari (→ Langobardisches Recht) u. im Pactus legis Salicae (→ Lex Salica) ist aus dem Verwendungskontext die ursprüngliche Bedeutung noch zu erkennen. Diese Konnotation wird im Pactus Alamannorum (→ Lex Alamannorum), in der → Lex Ribuaria u. in der → Lex Romana Curiensis (Lex Romana Raetica Curiensis) durch eine explizit ständerechtliche Bedeutung überlagert. Der baro ingenuus ist der „freie Mann“, mit dem Zusatz minofledus (→ Bargilden, → Stände, Ständewesen) wird in der Alemannischen Gesetzgebung auch ein → Minderfreier bezeichnet. Es zeigt sich hier eine Bedeutungsunsicherheit, die ihre Erklärung in der Veränderung der rechtlich-sozialen Verhältnisse im Verlauf des MA hat. Belege aus Urkunden u. → Kapitularien zeigen, dass mit dem 9. Jh. ein Ausdifferenzierungsprozess nach oben hin stattgefunden hat. Im 11. Jh. tritt verstärkt der Aspekt der vasallitischen Bindung (→ Vasall, Vasallität) als bedeutungstragend auf. Seit dem 16. Jh. wird baro bzw. baron – in dieser sprachlichen Form wird das Wort aus dem Französischen rückentlehnt – zur Bezeichnung für den → Freiherrn verwendet. Die Bedeutungsverschiebung, die die Bezeichnung vor allem im Romanischen, aber auch im deutschen Sprachraum (mnd. barun „großer Herr geistlichen u. weltlichen Standes“) geprägt hat, hat ihre Gründe in der Veränderung der sozialen Verhältnisse vom Früh- zum HochMA, vor allem in der Ablösung gefolgschaftlicher Elemente (→ Gefolgschaft) durch die Institution der Ministerialität (→ Ministeriale, Ministerialität). [...]

Letzte Änderung am 18.06.2020 durch HiWi
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