Wörterbuchangabe waso, wasobûh (RGA)
Wörterbuch | Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter. |
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Fundstelle | Bd. 3 |
Inhalt | Zum Sprachtod einer Restsprache. Zwei ausgestorbene Wörter aus der lex Baiuvariorum: [...] Soweit ich sehe, liegt das einzige von Lautung und Bedeutung hierher passende Wort in dem mundartlichen, auch bairischen wasen ‚Platz, wo der Abdecker oder Schinder sein Geschäft ausführt vor, worauf bereits Johann Andreas Schmeller hingewiesen hat. Doch wäre ein Anschluß von mhd. äwasel ‚totes Tier‘ an wasen ‚Schindanger‘ mit folgenden Problemen belastet: Die fachsprachliche Bedeutung ‚Schindanger‘ ist bei ahd. was, mhd. wase ‚Rasen‘ nicht nachweisbar. Bleibt man bei der Verbindung mit diesem Wort, so wäre also 1. die Bedeutung ‚Schindanger‘ auch für die frühere Zeit zu postulieren. 2. Die Bedeutung ‚totes Tier‘ im Sinne von ‚durch den Schinder bearbeitetes, verendetes Tier‘ läßt sich nur über die Bedeutung ‚Schindanger‘ gewinnen. Das heißt, man müßte eine Bezeichnungsübertragung in der Art annehmen, daß eine Bezeichnung einer Örtlichkeit in eine Bezeichnung des Gegenstandes, der an diesem Ort bearbeitet wird, übergegangen ist. Daß derartige Metonymien möglich sind, zeigt die Verwendung des Wortes wasen als Schimpfwort im Elsässischen. wasen wird hier wie das Wort Aas gebraucht. 3. Hat wasen neben ‚Schindanger‘ auch ‚verendetes Tier‘ bedeutet, so ist in Anbetracht des l-Suffixes von āwasel nach einem zugehörigen Wort mit l-Suffix Ausschau zu halten. Ein solches ist tatsächlich bezeugt, und zwar in ahd. wasal ‚feuchte Erde‘, das ohne Zweifel zu ahd. waso gehört. Hätte dieses Wort also tatsächlich etwas mit āwasel zu tun, so müßte folgende Entwicklung angenommen werden: Ahd. wasal hat wie mundartliches wasen neben ‚feuchte Erde‘ ‚Schindanger‘ bedeutet. wasal ‚Schindanger‘ wurde auch zur Bezeichnung des verendeten Tieres verwendet. Schließlich ist ā- als Intensivierungspräfix hinzugefügt worden, möglicherweise nach dem Vorbild von aworsan oder āweiso. Die Bildung āwasel wurde unverständlich, weil das Wort wasal ‚feuchte Erde‘ durch waso verdrängt wurde. [...] |
Letzte Änderung | am 11.01.2018 durch V.S. |
Link | http://www.degruyter.com/view/GAO/RGA-E03_5 |
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