LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe lêhan (DWB)

Wörterbuch Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971.
Fundstelle Bd. 12, Sp. 537-539
Inhalt

lehen, lehn, n. und fem. s. no. 3. 1) etwas dargeliehenes im allgemeinen, wie sonst anlehen (th. 1, 399), darlehen (th. 2, 779); so im ahd., wo lêhan (nach den lautgesetzen aus leihan entstanden) neben der bedeutung unten 2 auch foenus, usura heiszt, im ags. læn, engl. loan, altnord. lân, dän. laan, die nur diese bedeutung kennen; auch noch selten im nhd.: ob ein fraw sich untersteen, und von ymands .... mer gelts entlehen und ausbringen wolte, so solten dieselben an die das lehen begert wirdet, solich ansuchen der frawen man zuvoran, ee ir das lehen beschiht, zu wissen thun. Nürnb. pol.-ordn. 29; hoffe ich, meine bitte sei deste gelimpflicher, das e. w. wolte jm zu seinem studio hülflich sein, etwa mit einem lehen oder sonst, was gott bescheret hat. Luther 6, 2a. br. 4, 435; da spricht sie (formicam) ein hewschreck umb ein lehen an und begert von jhr etliche schock körnlein. Mathes. Sar. 24b. 2) ein vom oberherrn dem vasallen auf gewisse bedingungen und auf wiedereinziehung verliehenes grundbesitzthum, feodum, ahd. lêhan, beneficium, praedium, mhd, lehen, mitteld. lên; feodum ein lehen, lechen, len, leyn Dief. 230b;

der werth von ganz Salern schien im juwelenbusch auf ihrem hut zu wehen, und jeder knopf von ihrem kleide war der bare preis von einem kleinen lehen. Wieland 18, 189; der plur. ist gewöhnlich die lehen, seltener die lehne: in lehnen (beneficiis) konnte huldigung erfordert werden, aber nicht in eigentlichen feudis. Möser patr. phant. 3, 187; viele nahmen jedoch zuerst lehne an dienstmannstatt. 188; zu einer zeit, in welcher verschiedene gelehrte nur den allerersten ursprung der lehne gefunden zu haben glauben. Lessing 11, 34. Es heiszt ein weltliches lehen, geistliches lehen, präbende; ein offenes lehen, das erledigt ist; ein freies lehen, ohne beschränkung gegebenes: alle lehenschaften der fryen handtlehengütter, ... und dieselbigen fryen lehen lihet ain herr von sant Gallen. weisth. 1, 218 (st. Gallen v. 1469); einem ein lehen ertheilen: (ein lehenprobst, welcher) im beisein des landes-fürsten ... das lehn ertheilet. Löhneys regierkunst (1679) 743a; lehen verleihen oder nemen, feodare. voc. inc. theut. m 2b; ein lehen sinnen, ein lehen muthen, darum ansuchen, vgl. DWB lehensinnung, DWB lehensmuthung: lehen sinnen, feudum petere. Frisch 1, 596c; das lehen muthen, investiturae renovationen petere. ebenda; ein lehen empfangen, haben, tragen; dasz sie das lehen vom römischen käyser allein, und keineswegs vom churfürsten zu Brandenburg empfangen durften. Micrälius alt. Pomm. 3, 330;

von jhm hat fürst und baur, von jhm hat herr und knecht, sein land und seinen pflug, sein lehen und sein recht. Weckherlin 301;

so kniest du nieder und empfängst die lehn von grenzenlosem strande. Göthe 41, 262;

Meier. ich trage gut von Oesterreich zu lehen. ... Stauffacher. ich trage keine lehen, als des reiches. Schiller Tell 2, 2;

geh hin, verkaufe deine freie seele, nimm land zu lehen, werd ein fürstenknecht. 2, 1;

die stätte, fürst, die du gewürdiget der anfahrt am apulischen gestad, ich trage von Neapel sie zu lehn. Uhland ged. 182; in freierem sinne:

so bleib es (das ross) gewidmet dem göttlichen dienst! denn ich hab es dem ja gegeben, von dem ich ehre und irdisches gut zu lehen trage und leib und blut und seele und athem und leben. Schiller graf von Habsburg v. 99; ein lehen verwirken, versitzen: gab dabeneben für, die herzogen von Pommern hetten jhre lehn von käys. mayt. zu empfangen bisz daher versessen, und batt, jhre länder, derer sie sich verlustig gemachet hetten, jhme zu verlehnen. es war aber mit diesem handel, den der newe churfürst wegen der versessenen lehen vorwandte, so beschaffen. Micrälius alt. Pomm. 3, 325; zu lehen rühren einer herrschaft, zu einer herrschaft als ein lehen gehören. Frisch 1, 596c; zu lehen reichen, gehen: an den orten, die von herzog Georgen zu lehen reichen. Luther 4, 314a; also rhumet er (Paulus) allenthalben, das sein apostelampt nicht ist lehen gegangen von menschen, noch auch durch menschen, sondern von Christo, und durch Christum selbs. 6, 219a; dasz mächtige baronen bei ihr zu lehen gingen. Schiller 1036. das lehen ist dem eigenen gute entgegengesetzt:

warumb solt wir jhm zinszbar sein, der uns nichts gibet grosz noch klein weder zu lehen oder zu eigen? J. Ayrer 202a (1004, 18 Keller);

auf, auf! lasz hof und stadt, lasz eigen gut und lehn. A. Gryphius 1698 2, 444. rechtssprichwörter: lehen tragen schulden. Pistorius thes. par. 4, 92; lehen tragen keine schulden. Simrock sprichw. s. 333; lehen fallen nicht auf die spindel. ebenda. — Eine übertragung des lehenwesens auf dörfliche gesellschafts- und liebesverhältnisse war das lehenausrufen Vilmar 240 -242; vgl. auch unter bühli theil 2, 506. 3) lehen, auch als fem. gebraucht, in der gleichen bedeutung (2): andere mehr um Wildenbruch gelegene örter, so etliche tempelsherren von jhm zur lehen trugen. Micrälius alt. Pomm. 3, 321; das sie (die herzöge von Pommern) .. von seinem sohne, als einem churfürsten von Brandenburg, jhre land und leute zur lehen tragen .. solten. 325; einem ein guth zur lehn geben, von einem zur lehn empfangen. Hederich 1506; die lehn empfangen, einem die lehn reichen. ebenda; die lehen empfangen. um die lehen ansuchen. einem die lehen reichen. Adelung; die lehen entrichten (die lehenwaare). ebenda. 4) lehen, ein bauernhof: lehen, bawrenhoff, villa, colonia. Maaler 267a; lehen, als bauerngut von gewisser grösze bei Schm. 1, 1464 Fromm.; als viertel eines hofes oder halbe hufe Frisch 1, 596c. vgl. unten lehenfrau, lehenmann. 5) ein anderes lehen (das auch als masc. und fem. gebraucht wird) in der bergmännischen sprache, wo es ein flächenmasz von sieben lachtern länge und ebensoviel breite, ferner ein längenmasz von sieben lachtern, endlich das grubenfeld bedeutet. dieses lehen, mittellat. laneus ist das poln. łan, abgemessenes stück land. Veith bergwörterb. 322. 323.

Letzte Änderung am 06.02.2018 durch V.S.
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