LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe hengist (DWB)

Wörterbuch Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971.
Fundstelle Bd. 10, Sp. 985- 987
Inhalt

hengst, m. equus admissarius. 1) abstammung und eigentliche bedeutung des wortes liegt noch im dunkeln. es bestehen zweifel, ob die versuchte zusammenstellung des wortes mit dem slav. kon', litt. kuinas pferd richtig sei, wenigstens wird dadurch die ganze zweite hälfte des wortes nicht erklärt; fraglich ist auch, ob altnord. hestr pferd zu hengst verwandtschaft habe. die frage nach der eigentlichen bedeutung ist um so schwieriger zu lösen, als das wort zwei entgegengesetzte begriffe bezeichnet: während ahd. hengist (auch heingist, aus älterem hangist, Graff 4, 964) das verschnittene männliche pferd aussagt und eunuchus, equus castratus glossirt wird, eine bedeutung die auch im mhd. hengest fortdauert, und noch heute in Baiern nicht vergessen ist (Schm. 2, 214):

man hat noch manche sonderbare weise (in Gastein): voressen nennt man hier die dritte speise, und einen hengsten ein verschnitten pferd. Blumauer 1, 195; während ferner ags. hengest, fries. hengst und hingst das männliche pferd schlechthin bezeichnen, heiszt im nhd. hengst das unverschnittene männliche pferd. diese bedeutung kann seit dem anfange des 15. jahrh. nachgewiesen werden, aus welcher gegend sie stammt, wird schwer zu ermitteln sein: admissarius stt hengst Dief. 13b; hengst, caballus, hispus, .i. emissarius et equus non castratus. voc. inc. theut. i 4a; ein mutiger hengst, admissarius animosus Stieler 762; ein iglicher wiehert nach seines nehesten weibe, wie die vollen müszigen hengste. Jer. 5, 8; sie laufen alle iren lauf, wie ein grimmiger hengst im streit. 8, 6; und entbrand gegen ire bulen, welcher brunst war, wie der esel und der hengste brunst. Hes. 23, 20. der hengst als reitpferd: hengst, pferd, caballus Dasyp.; auf einem muntern hengst. Happel acad. rom. 26; es heiszt den hengst zäumen, besteigen, reiten, tummeln (mückenkr. 1, 812); den hengst im zaum halten und lassen im stapf gon, sustinere equum Maaler 218c; den hengst umbwerfen und leiten, flectere equum das.;

ein ritter ritt einst in den krieg, und als er seinen hengst bestieg ... Bürger 29a;

recensent, der tapfre ritter, steigt zu rosse kühn und stolz, ists kein hengst aus Andalusien, ist es doch ein bock von holz. Uhland ged. 262;

begegnet mir da in der stadt ein hengst in vollen sprüngen, mächtig wie ein berg, schwarz wie die nacht, und hat sich, dreht sich, schnaubt, und rathet mal, wer oben auf ihm sasz. Tieck 1, 206. unter den hengsten ist der falbe oder lichtfuchs geschätzt, dem man ein feuriges wesen beilegt. auf ihn beziehen sich redensarten: muti citius loquentur. du hettests so bald nit uff einem falben hengst erritten. S. Frank sprichw. 2, 53a; den falben hengst streichen, schmeicheln, nach dem munde reden, vergl. beispiele th. 3, 1267. 1268: dann ich greiflich oft greif, wie die histori den groszen herrn heuchlen, das helmlin durchs maul ziehen, und mit fuchsschwanz den falben hengst streichen. S. Frank German. chron. 1538 aa 6a; sie seind erstlich still und züchtig, können den schalk wol verbergen und den fuchsz beim zaum halten, darzu den falben hengst sehr herrlich streichen. Thurneiszer magna alchymia (1583) vorrede s. 7; und so dir jemand schmeichelt, und gar leicht riecht der biedermann den fuchs, der weidlich den falben hengst zu streicheln sucht. Veit Weber sagen der vorzeit 3, 160; dafür den falben hengst reiten, adulationem inducere J. Meier adagia 57;

mancher durch lyegen würt ein herr, dann er den kutzen strichen kan, und mit dem falben hengst umb gan. Brant narrensch. 100, 16 (vgl. die anmerkung dazu s. 443 Zarncke).

2) hengst von dem männchen pferdeartiger thiere; so unterscheidet man beim esel hengst und stute; die eselhengst-füllen, so man nicht zur zucht brauchen will, reiszen oder verschneiden lassen. oecon. lex. (1731) 599; die eselhengste, so man zum belegen brauchen will. 1548; auch beim kamel, vergl. DWB kamelstute und kamelhengst th. 5, 97; ferner beim walrosz: beim ersten fang befanden sich ein hengst und eine stute zugleich auf einer eisscholle. Petermanns mittheil., ergänzungsheft 16, s. 42. — Im gebirge an der östreich. Traun heiszt hengst ein verschnittener ziegenbock. Schm. 2, 214. 3) hengst übertragen auf einen geilen, buhlerischen mann: nachdem .. alle diese hengste sich müd gerammelt hatten. Simpl. 3, 59 Kurz; es gehet dergleichen hengsten nicht anderst, die wie das unvernünftige viehe einem jedweden geschleierten thier, wie der jäger jeden einem stück wild nachsetzen. s. 123; ich wünschte vielmehr, dasz ich allen solchen hengsten dergestalt zur ader lassen und das erhitzte geile, ehebrecherische geblüth vom herzen raumen könnte. s. 402. vergl. hengstbrünstig; hurenhengst. 4) aber auch ohne seitenblick auf geschlechtliches ist hengst nur derber ausdruck für männliches geschlechts, mann, namentlich in compositen: vergl. kappenhengst 5, 198, es ist nur der träger einer mönchskutte gemeint, der mönch; ich bin auch ein solcher partekenhengst (currendeschüler) gewest, und hab das brot fur den heusern genomen. Luther 5, 184a; gadenhengst für einen kaufmannsgehilfen, ladendiener. Simpl. 1, 424 Kurz; pomadenhengst der nach pomade duftende, der geck. mundartlich, namentlich in Schlesien, auch in Obersachsen und Düringen, bezeichnet hengst in derartigen compositen einen besondern liebhaber: taubenhengst, groszer freund von tauben, bilderhengst, musikhengst u. a. 5) hengst, eine vorrichtung etwas daran aufzuhängen; namentlich der wagebalken eines ziehbrunnens: tolleno, brunnengalgen l. hengst. Dief. 586c; im Zillerthal das drehbare tragholz, an welchem der milchkessel über das feuer gehängt wird; auch ein gewisser balken an einer wasserklause. Schm. 2, 214. hengst ist ferner der ruderring: ein fery, der hengst oder nagel, darauf man das rder welzt, salmus. Maaler 134c; endlich beim färber ein haspel mit gebogenem haken, um gefärbtes zeug aus der küpe zu winden. Jacobsson 2, 253a. 6) hengst, ein theil der bewaffnung. Schm. 1, 1133 Frommann, mit belegen aus dem 14. 15. jh. 7) hengst eine art rother pflaumen, pruna asinina, rosspflaumen. das. 8) hengst, nachbier, kovent; in der fränkisch-henneberg. mundart. Fromm. 4, 307.

Letzte Änderung am 05.02.2018 durch V.S.
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