LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe haltan (DWB)

Wörterbuch Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971.
Fundstelle Bd. 10, Sp. 275- 301
Inhalt

halten , custodire, tenere. A. Formelles und etymologisches. Das wort ist allen deutschen sprachen eigen: goth. altniederd. haldan, fries. halda, ags. healdan, engl. hold; altnord. halda, schwed. hlla, dän. holde; ahd. haltan, mhd. halten. das hochdeutsche hält von alten zeiten her die inlautende verbindung lt nicht durchaus fest, sondern setzt sie bisweilen in ld um, nach der neigung, das einem l, r, n folgende t in d zu verändern, wodurch denn das wort in der niederdeutschen form erscheint. wie sich schon im ahd. seltener haldan, gihaldan (Graff 4, 898. 899) neben haltan, gihaltan findet, mhd. halden: sîme herzen liebe geschach, dô er jenen halden sach. Iwein 2558, so dauert dies bis in die zeiten des 16. jahrh. fort: der mensche von im selber etwas heldet. theol. deutsch 27; wie es sich inn der warheit auch also heldet. Spalatin Melanchthons christl. erinnerung von den lieben engeln (1536) 1; und hielden die pfarrer zum studio und das volk zur disciplin. Melanchthon briefe an Albrecht ep. 14. die praesensformen der 1. und 2. sg. setzen sich erst im 17. jahrh. in der heutigen gestalt du hältst, er hält fest, in den ältern zeiten des nhd. herscht schwanken, indem, wie im mhd., theils der umlaut nicht völlig durchgedrungen ist, theils neben volleren formen zusammengezogene statt haben. die 2. sg. erscheint in der unumgelauteten vollen form haltest, oder in der umgelauteten heltest, in dieser namentlich in Luthers bibel, der sie so von der optativform haltest scharf scheidet (z. b. 5 Mos. 28, 1 gegen 9), als hältest bei Rihel Livius (1598) 471; daneben steht mit ausfall des flexionsvocales heltst, hältst (zahlreiche beispiele unten), und mit ausstoszung des wurzelhaften t vor der flexion helst, eine form, deren auch Lessing sich noch bedient: wofür hälst du sie? 10, 263. Für die 3. sg. sind die formen eben so manigfach: die volle unumgelautete dauert bis ins 17. jahrh.: dieweil niemand das gesetz recht haltet. Jonas bei Luther 6, 408b; in ewigkeit sein wort wahrhaftig haltet er. Weckherlin 231 (ps. 105, 8); daneben geht eine um die bildungslaute verkürzte, halt: der es darfür halt. Agricola sprichw. (1560) 156a, deren Fischart häufig sich bedient (Garg. 43a. 48a u. oft, neben helt 51a, haltet 61a); die volle umgelautete form heiszt heltet: er heltet sich an die verheiszung der gnade. J. Jonas bei Luther 6, 412b; dieselbigen werk heltet man nicht für göttlich. 6, 439b, eine form die noch in Steinbachs öfterem hältt (1, 672—674) nachklingt. ihre verkürzung ist helt, schon im mhd. seltener aufkommend, im 16. jh. namentlich auch von Luther vertreten, und bis ins 17. jahrh. hinein dauernd, wo sie der schreibung hält platz macht: sein trewer bund wird nimmer wanken, er helt ihn ewig in gedanken. Opitz psalmen s. 198; die ungerechte welt, die aber nicht bei dir als eine schwester helt. Fleming sonette, b. 1. Dem 16. jahrh. ist es eigen, die 2. plur. des indicativs und imperativs haltet in halt zu verkürzen: wenn ir halt fried und einigkeit. Waldis Esop 1, 51, 19. Neben der praeteritalform hielt, die aus ehemaligem reduplicierten haihald geworden ist (noch Kero gewährt piheialt, Graff 4, 906, später hialt, hielt) findet sich auch weniger häufig im nhd. hielte, mit anklang an schwache conjugationsformen nach analogie von sahe für sah, stunde für stund, liesze für liesz u. a. gebildet, eine form, die bis auf Göthe dauert: und ich konnt ihn zehren sehn; hielte mein gefühl zurück, gönnt ihm keinen holden blick. 10, 328. Zur ermittelung der ursprünglichen bedeutung des wortes ist von Fick wb. 35 hingewiesen auf den zusammenhang von halten, goth. haldan mit goth. hairda herde, altind. çardhas, çardha schaar (besonders von der schaar der Marutas gebraucht), und goth. hairdeis hirt: und da halten zufrühest in dem begriffe von vieh hüten gebraucht erscheint, in welchem es auch heute noch nicht ausgestorben ist, so wird dieser bei aufzählung der manigfachen bedeutungen des wortes vorausgestellt werden müssen und sind ihm die andern, als später entwickelte, nachgeordnet. hierbei ergeben sich zwei, doch nicht völlig scharf geschiedene gruppen, die eine betont mehr die örtliche seite des hütens, den aufenthalt an einem orte und die thätigkeit, die aus einem solchen sich erzeugt; die andere geht von der reinen handlung in bezug auf das object aus, indem sie sich auf grund der bedeutung fest halten weiter ausbildet. [...]

Letzte Änderung am 05.02.2018 durch V.S.
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