LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe gamahal (DWB)

Wörterbuch Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971.
Fundstelle Bd. 5, Sp. 3150-3157
Inhalt

gemahl, m. f. n. conjux. 1) form und gebrauch in alter zeit. a) ahd. erscheinen ein schwaches masc. und fem., gimahalo sponsus, vir und gimahala (gimâla) sponsa, conjux Graff 2, 652, also nicht nur gatte und gattin, auch schon die verlobten (s. u. b); alts. nichts davon, wie mnd. gleichfalls und nrh. (der Teuth. und die Cölner gemma haben es nicht), doch nl. gemaal m., gemalin f., bei Kilian ghemael, conjunx, mari ou femme, wol nach dem hd., wie schwed. gemal, nur von fürstlichen personen, gemahl und gemahlin, dän. gemal und gemalinde (schwed. gemal doch auch vom volk übernommen, für gattin, s. Rietz 189b). auch mhd. noch gemahele m. und f., dann aber auch starkformig gemahel m. und f., was jenes verdrängt [...] b) für den alten gebrauch ist das wesentliche, dasz ursprünglich nicht nur die gatten, sondern auch die verlobten so heiszen, und diesz ist sogar die eigentliche bedeutung (s. 3). so ahd. sponsus und sponsa (s. a), mhd. z. b. vom bräutigam gut. c) zur form ist zu bemerken α) schon ahd. auch mit verschlucken des h und ersatzdehnung gemâla conjux Notker, im einklang mit mâlôn, bemâlôn für mahalôn, bimahalôn, mit denen es ja zusammengehörte (s. 3). auch mhd. einzeln gemâle f. Lexer 1, 834, armer Heinrich 906 u. ö. in B, für gemahele, also im grunde wie gegenwärtig. β) aber das volle gemahel blieb überwiegend, mhd. und noch im 15. jahrh., s. unter b aus Melber, dem voc. inc. teut. und dem Nürnberger von 1482, die nur diese form kennen. auch im 16. jahrh. ist gemahel noch häufig (s. unter 2), besonders oberd., wie denn Dasypodius 338c nur gemahel gibt, Maaler 96d nur ee-gemahel. auch Luther braucht es anfangs (s. 2, c, γ, Dietz 2, 69b), später gemalh. γ) daneben gieng gemachel, d. h. das -h gesichert gegen verschlucken durch steigerung zu ch, schon später mhd. gemacheln pl., gemechel pl. Lexer 1, 833. 834 (s.gemehel u. a. a. e), im 15. jh. gemachel conjux Dief. n. gl. 108b, wie gemechlen für gemehelen (s. 3); auch md. noch im 15. jh. gemachel Apoll. v. Tyrus 92, 26. 110, 7 (s. 2, c, β und e). dasselbe der aussprache nach meint wol gemagel, sponsa Geszler form. 39a, wie gemag für gemach sp. 3132 bei Hugo v. Montfort. alem. auch gemanchel Heinr. v. Nördlingen an Marg. Ebner 226, 8 var., wie senhen für sehen u. ä., d. h. mit nasal gesprochnem vocal. δ) eine vermischung mit gemächte für gatte, gattin (s. dort I) ist gemechelte, gemähelt, im 15. jh.: wo eliche gemechelte mit urteil zu bett und tisch geschiden werden. Lucerner stadtr. § 20; ir recht gemähelt. der seele trost Augsb. 1478 159b (Fromm. 2, 434b), von creaturen überhaupt, also thiere eingeschlossen (s. 2, h, γ). ε) bemerkenswert auch mit abgestosznem ge-, wie das bei vielgebrauchten worten geschieht (s. unter gemach I, 3, b), mahel, westmd. im 14. jh.: Lodewîge ir mahel (verlobter). heil. Elis. 1213. 1231; daʒ he ir ouch gefûgen kan zu mahel einen gûden man. 1438 u. ö. ebenso im 11. jh. mahela sponsa in der Leidener hs. des Williram 51, 17 S., gleichfalls westmd. ebenso mahelschaft für gemahelschaft, eheschlieszung, eheleben das. 1493 u. o., noch nhd. (s. DWB mahlschaft), und festgeworden und vorherrschend mahlschatz (s. d.) für gemahlschatz (s. d.), im anschlusz an mahelen für gemahelen. [...] 3) ursprung und ursprüngliche bedeutung. a) es gehört zusammen mit ahd. gimahalian und einfach mahalian, mahilen, despondere Graff 2, 651 fg., unterschieden von mahalôn (mâlôn) causas agere, postulare, interpellare, contendere das.; nach dem mhd. gemahelen neben der umlautsform (s. b) kann aber der unterschied nicht durchgeführt gewesen sein, musz auch ein gimahalôn despondere bestanden haben. es ist eigentlich das zusammenkommen in oder auf dem mahal, concio, curia, forum und alles was daselbst gehandelt und ausgemacht wird, das auch selber kurz mahal hiesz, pactio, foedus (s. DWB mahl). ein solches mahal, pactio, foedus war auch das zusammensprechen zweier verlobten, da es auf der verhandlung zweier sippen beruhte und zugleich als eine art bündnis beider behandelt wurde (was jetzt noch bei bauern und fürsten in deutlichen spuren zu erkennen ist), die wichtige handlung gieng ursprünglich vermutlich auf der mahlstätte eines oder beider geschlechter vor sich, als eine zugleich heilige handlung unter mitwirkung der priester und götter. es war aber nicht die volle 'vermählung' im heutigen sinne, sondern die verlobung, die zusage der ehe (vergl. übrigens geloben 2, b). so von Maria und ihrer empfängnis durch den heiligen geist vor dem beilager mit ihrem gemahl: mit thiu was gimahalit thes heilantes muoter Maria Josebe (dat.), êr thiu zisamane quâmîn, cum esset desponsata .. antequam convenirent. Tatian 5, 7. b) das zeitwort hielt sich als ausdruck des lebens bis in die nhd. zeit herein (allmälich durch das verstärkte vermählen verdrängt, das zugleich in die höheren lebenskreise zurücktrat), z. b. mit einem güldin ring gemählet. Steinh. Bocc. 2, 204b, s. unter mählen, wo die meisten belege, gemehelt, aus dem 15. jahrh., zugleich für gemehlen in anspruch zu nehmen wären. mhd. gemahelen und gemehelen, mahelen und mehelen, s. Lexer 1, 834. 2010, auch im 15. jh. noch beide, gemechlen despondere Dief. n. gl. 131b, und beide formen nah beisammen: in der stat Antiochia regniret Antiochus .. dem gemächelt was ain tochter Antipatris. Apoll. v. Tyrus 91, 3 Schröder; und e ich gemachelt bin (deine gemahlin wurde). 92, 7; vergl. bei Dief. 176c neben einander vermahelen (15. jahrh.) und vermehelen (16. jahrh.) despondere auch im 16. jahrh. mählen (s. d.) und noch in Kärnten maheln, vermaheln, verloben und vermählen Lexer 185. dasz es aber eigentlich die verlobung ist, auch von der hochzeit, dem beilager ausdrücklich unterschieden, zeigen z. b. Augsburger hochzeitordnungen im 13. jh., die den dabei eingerissenen luxus bekämpfen: die râtgeben hânt abgenomen (abgeschafft) die gewonhait, swenn ain man ain hausfrawen genam, daʒ er die gemahelt sunderlich auf ainen tack (das gemahelen als besondrer festtag behandelt) und daʒ diu gemahelschaft vil kostut .. und hânt gesetzt .. swelhs nahts ain man hôchzait haben wil, daʒ er des selben âbends sein hausfrawen gemäheln sol und nit ê. Augsb. stadtb. 241 (wieder gemaheln und gemäheln wechselnd); auch gemählenen daneben: die râtgeben sint ze râte worden .. das ain êlich man sîn hausfrawen und sîn braut gesehen sol des tages sô er si gemählenen wil und sol si auch niht gemählenen wan des âbendes sô er hôhzît mit ir haben wil. 242, wo auszer hochzeit und verlobung auch die brautschau (auch gesiht genannt das., vergl. 257 sîn gemachel sehen) auf ein und denselben tag verlegt wird, um verschwendung abzuschneiden. c) so erweist sich gemahel, urspr. gimahalo und gimahala, als subst. verb. einfachster bildung zu gimahalian, gimahalôn; ward doch auch der ring, mit dem das bündnis äuszerlich gefestigt wurde, einfach mit dem vieldeutigen mahal benannt: mahel, arra. Schm.2 1, 1580, auch deutlicher verbal gemahelpfant arra Dief. 50b, aber auch im 16. jh. noch einfach gemahel, von den alten Deutschen: ein messer, alspiesz, mit dem gab man im die braut an die hand, und sie schenket herwider dem breutigam auch ein wehr, das war damals ir haustreuw, verfertigung, gemächt, heiratgut, morgengab, krenz, gemahel, ring, schenk. Avent. 32b (vgl. doch gemahlring). gemahl von mann und weib aber gehört eigentlich in die brautzeit, bei, vor und nach der verlobung, und wenn es auf die ehezeit mit übernommen wurde (ehlicher gemahl, schon mhd., s. 2, b), so geschah das, weil die zärtlichkeit des brautstandes damit im ehestand fortgeführt wurde, am längsten in den höchsten ständen, wo diesz guter ton und stil geworden sein mochte, den man gerade vor den leuten fortführte, wie in dem eheliebster im 17. 18. jh., s. z. b. Rädlein u. 2, h a. e., auch herzliebster gemahl das. bei Ludwig, im munde einer königin, aus dem 16. jh. u. 2, a, also deutlich bei hofe fortgeführt. vergl. u. 1, b mhd. gemahel für schätzchen, liebchen wie für die braut.

Letzte Änderung am 24.01.2018 durch V.S.
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