Wörterbuchangabe bêr (DWB)
Wörterbuch | Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. |
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Fundstelle | Bd. 1, Sp. 1122-1124 |
Inhalt | bär, m. ursus, gen. bären (bei Luther aber noch geschrieben beer, beren und Petr. 30b bern, tadelhaft ist der gen. des bäres Lohenst. Arm. 1, 266, dat. dem bäre 2, 198, pl. die bäre 2, 748 und Lessing 1, 108. 109), ahd. përo gen. përin, mhd. bër gen. bërn, mnl. bere gen. beren, nnl. beer gen. beers, ags. bëra gen. bëran, engl. bear. die goth. form leider unbekannt, aus offenb. Joh. 13, 2 und mehreren stellen des a. t. würde sie erhellen, nach hd. weise würde sie baira, nach altn. bairns lauten, denn altn. gilt biörn, schw. dän. björn, analog dem örn für ari (oben sp. 5). auch ags. besteht ein dem earn = örn ähnliches beorn, aber mit der bedeutung von vir fortis, hinter welcher doch wol die von ursus liegt. In den urverwandten sprachen stoszen wir auf ein anderes, weit verbreitetes wort, dessen schon sp. 789 zu gedenken anlasz war, skr. ṛixa = iṛxa, gr. ἄρκτος = ἄρξος, ir. gal. art, welsch arth für arct, lat. ursus für urcsus, litt. lokis für olkis orkis, welchem ahd. elah, das auf ein anderes wildes thier angewandt wurde, begegnet. Wie nun aber pero, bero? pero, poro ist portator, lator (Graff 3, 155. 157) und stammt von përan ferre, altn. hat das einfache beri diesen sinn behalten. möchte man das lat. ferus vergleichen und gleichfalls von ferre leiten? man erhielte dann die einfache bedeutung eines wilden thieres. doch ferus fera scheint, dem ĕ zum trotz, richtiger das gr. φήρ für θήρ, θηρίον = goth. diuz, ahd. tior, nhd. thier, abliegend von ferre wie bëran und nie entfaltet aus diesem bëran sich sonst der begrif des wilden. Liesze nach der entstellten nd. form bare sich ein baren, brummen erweisen, so würde das dem ausdruck brummbär treffend begegnen; doch die alte sprache sagt brimmen, limmen, niemals bëren oder baren, höchstens die bärpfeife der orgel wäre unsicher heranzuziehen. In der thiersage stellt unser alterthum den bären als den könig dar und der altnordische, slavische, finnische, lappische volksglaube feiert ihn als ein höheres, heiliges wesen, dem menschlicher verstand und die stärke von zwölf männern einwohne. er heiszt waldkönig, goldfusz, süszfusz, honighand, honigtatze, honigesser, aber auch der grosze, der alte, der alte groszvater, den Lappen namentlich aija (avus). das leitet zu der freilich gewagten vermutung, dasz auch bär, pero vater bedeutet haben könne. das lat. parens = pariens geht auf den vater, parere = generare, procreare auf den vater, wie die mutter, bär gedacht als γονεύς, τοκεύς, der bärende, tragende, zeugende vater, wie, wenn er goth. bêrusjis, bêruseis geheiszen hätte? bêrusjôs sind dem Ulfilas parentes, γονεῖς, τοκεῖς, und bêruseis gewährt ein uraltes part. praet. act. geboren, erzeugt habend, qui peperit. dies goth. bêruseis, parens und ursus, scheint nun wirkliche bestätigung zu empfangen, die der grammatik und thierfabel gleich willkommen wäre, dadurch dasz die altn. sprache den bären auch noch bersi, gen. bersa nennt, das sicher zu bëra parere gehört und das S des goth. particips bêruseis bewahrte. zugleich begriffe sich, wie biörn auszer ursus auch vir ausdrücken, ja das ags. beorn nur vir, heros, ohne nebensinn des bären bedeuten kann, zahllose mannsnamen sind ahd. mit përo, altn. mit biörn, ags. mit beorn gebildet. bersi, assimiliert bessi gemahnt an die koseform betz = bär, vgl. altfranz. Patous; altn. kommt auch bâmsi, bângsi, ursus immer mit demselben S zum vorschein, ja wer kühn sein wollte, dürfte das in ṛika, ἄρκσος, uresus ursus hinzunehmen und auf diesem ins dunkel der urzeit sich verlierenden wege berührung zwischen bêruseis, bersi und ursus, ἄρκτος ahnen, wenn auch bei ganz verschiednen wurzeln. unser bär läszt dies S fahren, wie das keltische art, d. h. bedient sich der praesensform. Dieses versuchs, in seinen ursprung zu dringen, war ein mit unserm alterthum und manchen auffassungen der vorzeit zusammenhängendes wort vollkommen werth. merkwürdig setzt die thierfabel dem fränkischen königthum des löwen ein deutsches, alemannisches oder sächsisches des bären entgegen und wahrscheinlich lange schon standen die rohen, ungeleckten, ungeschliffenen [...] bär, m. aper, gen. bärs. Hohberg 2, 305a. 307a, dem vorausgehenden völlig unverwandt, ahd. pêr, mhd. bêr (Ben. 1, 104b), ags. bâr, engl. boar. würde goth. bair gelautet haben, wie das langob. sonorpahir, sonorpaiz bestätigt. gesch. der deutschen sprache s. 695. s. beier. |
Letzte Änderung | am 23.01.2018 durch V.S. |
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