LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe fadum (KLUGE)

Wörterbuch Kluge, Friedrich (2011): Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold. Berlin/Boston: De Gruyter.
Fundstelle S. 271
Inhalt

Faden Sm std. (8. Jh.), mhd. vaden, vadem, ahd. fadum, fadam, neben as. Pl. fađmos ‛Klafter’. Aus g. *faþma- m. 1) ‛Umarmung’, 2) ‛Klafter’), in ­anord. fađmr ‛Klafter, Arme, Umarmung’, ae. fæđm ‛Umarmung, Klafter’, afr. fethem ‛Klafter’ und dem as. Wort; und dem gleichen Ansatz mit der Bedeutung 3) ‛Faden’, die nur deutsch ist. Unter ‛Klafter’ ist ein Längenmaß zu verstehen, das unterschiedlich beschrieben wird; es scheint aber die Bedeutung ‛von Fingerspitze zu Fingerspitze bei ausgebreiteten Armen’ zugrunde zu liegen. Mit diesem Maß werden vor allem Höhen und Tiefen sowie Umfänge gemessen. Die Bedeutung ‛Umarmung’ oder ‛ausgebreitete Arme’ (und somit ‛Klafter’) lässt sich an die ig. Sippe *petə-­ ‛ausgebreitet sein, offen stehen’ (etwa in l. patēre) anschließen. Dem Nebeneinander der Bedeutungen ‛Klafter’ und ‛Faden’ entspricht eine keltische Sippe, von der der gälische Zweig (schott.-gäl. aitheamh) die Bedeutung ‛Klafter’ zeigt, der britannische (kymr. edau, edef, edaf, edyf) die Bedeutung ‛Faden’. Die Bedeutung ‛Faden’ findet sonst keinen Anschluss, so dass in der Regel angesetzt wird, dass sie aus ‛Klafter’ entstanden ist. Eine solche Bedeutungsentwicklung ist aber kaum nachvollziehbar und deshalb wohl nicht richtig. Auf eine andere Möglichkeit weist das formal nahestehende gr. pétasma (n), das verschiedene ausrollbare Objekte bezeichnet (bezeugt sind Teppich, Tentakeln von Polypen, ferner Decke und Schleier). Dieser Bereich lässt sich einerseits mit ‛Faden’ (als etwas Ausrollbares) und andererseits mit der Grundbedeutung der Sippe (‛ausbreiten’) verknüpfen und zeigt so die Möglichkeit, dass ‛Faden’ eine selbständige Weiterentwicklung aus der entsprechenden Wurzel ist. Es liegen also wohl zwei Bildungen aus derselben Grundlage und nach dem gleichen Bildungsmuster vor, vermutlich zu verschiedenen Zeiten. Es ist nicht unmöglich, dass der germanische, der keltische und der griechische Ansatz auf die gleiche Formation zurückgehen. Dies wäre dann eine mn -Bildung zu der Wurzel mit unklarer Wurzelstufe, wobei im Griechischen eine auch sonst bezeugte s-Erweiterung der Wurzel eingewirkt hätte. Nachträglich haben sich ‛Klafter’ und ‛Faden’ enger semantisch berührt, als auch mit Fäden gemessen wurde, wobei die Maßeinheit das Klafter sein konnte. ─ Der rote Faden ist durch Goethe eingeführt und erklärt worden (Wahlverwandtschaften II, 2): Bei der englischen Marine geht durch alle Taue ein roter Faden, den man nicht herauslösen kann, und der sie als der Krone gehörig ausweist. Partikelableitungen: ein-, auffädeln (Lautform entweder aus *fadmen oder zu einem Diminutivum Fädel).

Letzte Änderung am 19.09.2017 durch V.S.
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