LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe forestis, firstsul (RGA)

Wörterbuch Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter.
Fundstelle Bd. 9
Inhalt

Forst: [...] In dem Terminus forestis spiegelt sich das ius eremi des frk. Kg.s, das heißt die kgl. Verfügungsgewalt über herrenloses und unbebautes Land. Mit forestis werden sowohl der Wald wie bebautes und unbebautes Land, ferner Gewässer und die Nutzungsrechte an Wald (Jagd), Land und Gewässern (Fischfang) bezeichnet. Anfänglich ist die Einforstung kgl. Exklusivrecht, weshalb sich das Wort nicht in den Volksrechten findet. Demnach ist forestis das ,Gebiet unter Königsrecht. [...] Das Wort forestis ist auf verschiedene lat. wie germ. Grundlagen zurückgeführt worden: 1. lat. foris ,außerhalb, 2. lat. forum in der angenommenen Bedeutung ,Bann, 3. ahd. for(h)a ,Föhre, 4. den ahd. Superlativ furōsta beziehungsweise furista. Die genannten Vorschläge können aufgrund lautlicher, morphologischer und semantischer Problematik nicht befriedigen. Am wahrscheinlichsten ist deshalb der Vorschlag J. Triers (15), der noch einmal postum von H. Schwarz (16, 126-137) veröffentlicht worden ist. Ausgangspunkt ist das Wort First (First § 1). Als urspr. Bezeichnung der Firstsäule erschließt Trier die schwundstufige Variante von idg. *perstis, also *pr̥stis. Dessen silbenbildendes r̥ setzt im Lat. ein o aus sich heraus, also *porstis, das lautlich zu postis ,Türpfostenvereinfacht wird. Diese Bedeutung ,Türpfosten ist bereits als ein sekundäres Stadium der Bedeutungsentwicklung anzusehen und beruht nach Trier darauf, daß das Wort durch lat. columna aus der Stelle des senkrechten Gerüstpartners verdrängt worden ist. Für die germ. Entsprechung von lat. postis wird Senkung des sich im Germ. aus silbenbildendem r̥ ergebenden haupttonigen u zu o aufgrund des stammhaftenden a der Folgesilbe angenommen, also *furstaz >forst, während sich die Variante mit -i- Stamm, furstiz, zu (auch vorkommendem) fürst entwickele. Wie im Lat. columna das Wort postis als Bezeichnung der Firstsäule verdrängt habe, so habe im Germ. das Wort sūl ,Säule` das Wort forst aus dieser Stelle verdrängt. Damit sei forst die Möglichkeit eröffnet worden, zur Bezeichnung des waagerechten Balkens zu werden, also etwa auch regional als Wettbewerber von First aufzutreten. Alsdann ist aber auch zu beobachten, daß First auf Gerüststücke innerhalb des Hauses, Forst auf solche außerhalb des Hauses, also den Zaun, festgelegt wird. Aus diesem Zaunwort forst stammt nun nach Trier das Waldwort forst, indem das eingefriedete Gebiet, das als solches erst durch die Einfriedung entsteht, für die der Zaun oder die Einfriedungsmarken das äußere Zeichen sind, gleichfalls die Bezeichnung forst erhält. [...]

Letzte Änderung am 12.01.2018 durch V.S.
Link http://www.degruyter.com/view/GAO/RGA_1649
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