LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe yrias (?) (RGA)

Wörterbuch Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter.
Fundstelle Bd. 15
Inhalt

Indiculus superstitionum et paganiarum: [...] Die altdt. Wörter sind dadsisas (I. 2; s. u. § 2), nimidas (I. 6), nodfyr (I. 15) und yrias (I. 24). Sie erscheinen jeweils als Erläuterung zu den lat. Bezeichnungen, werden durch „i. e.“ oder Formeln wie „quem … vocant“ eingeführt und stellen so die heimische Bezeichnung für das Kernstück des jeweiligen Brauches dar. Mit Ausnahme von nodfyr sind sie Hapaxlegomena. [...] Das Wort yrias (De pagano cursu quem yrias nominant scissis pannis vel calciamentis) hat zahlreiche, oft phantasievolle Deutungsvorschläge hervorgerufen, von denen dem folgenden die größte Wahrscheinlichkeit zukommt: Syntax und Wortform weisen auf einen Nom./Akk. Pl. eines mask. ja- oder i-stämmigen Subst.s, dessen Nom. Sing. dann *yri lautete. In as. Sprachdenkmälern ist y jedoch sehr selten und hat wohl die Geltung i, so daß hier wahrscheinlich ags. Schreibweise vorliegt und von *iri auszugehen ist. Dazu stellt sich als einzig mögliches Etymon ahd. irri, as. irri, ags. eorre, yrre, afries. ire, got. airzeis und schließlich lat. errare, ersare ,zornig, verwirrt, unsicher, irrtümlich sein. Wir erhalten also die Wortform *irrias mit der Bedeutung ,die Schwankenden, Irrenden, Zornigen. (Dabei kann jedoch die Vereinfachung des r in der Form unseres Denkmals nur vermutungsweise als Schreibfehler oder als fries. Einfluß gedeutet werden). [...] I. 3 (De spurcalibus in Februario), 15 (De igne fricato de ligno), 23 (De sulcis ca. villas) und 24 (De pagano cursu quem yrias nominant) beziehen sich auf jahreszeitlich gebundenes Brauchtum, dessen heidn.-relig. Herkunft es der Kirche bekämpfenswert machte. [...] I. 24 „Über den heidn. Umzug von Rasenden in Lumpen und zerrissenem Schuhwerk“ (vorausgesetzt, yrias = *irrias, s. o. unter c) gehört möglicherweise in den Bereich der Verwandlungskulte, d. h. der Vorstellungen vom Umzug des Wilden Heeres (Wilde Jagd und Wildes Heer), des Geisterzuges, des Totenheeres. Hypothetisch bleibt, auf Grund mangelnder Parallelzeugnisse, die Verwandtschaft des hier genannten Brauches mit dem obd. Perchtenlaufen oder dem aus der Braunschweiger und Hildesheimer Gegend bekannten Schodüwelslopen (25; 55). [...] Ags. Schreibungen treten auch, freilich nicht noch einmal für diesen Vokal, in den anderen volkssprachigen Wörtern des I. auf, etwa nodfyr ,Notfeuer, nimidas ,hl. Haine und yrias ,kultische Läufe`. [...]

Letzte Änderung am 17.01.2018 durch V.S.
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