Wörterbuchangabe warda, wacta (RGA)
Wörterbuch | Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter. |
---|---|
Fundstelle | Bd. 33 |
Inhalt | Wache: [...] Gemäß dem oben zitierten Heeresgesetz Kg. Erwigs (L. Vis. 9,2,9), das drakonische Strafen für die Verletzung der Heeresfolge androht, soll derjenige aus dem Palastdienst, der dem Heeresaufgebot, außer im Fall schwerer Krankheit, nicht Folge leistet, nur dann von den Sanktionen des Gesetzes verschont bleiben, wenn er im Fürstendienst verharrt oder in wardia cum reliquis fratibus suis laborem sustineat. Die Tatsache, daß Erwig den Dienst in der wardia als Befreiungsgrund von der Pflicht, dem Heeresaufgebot zu folgen, bes. hervorhebt, belegt - nicht zuletzt in Anbetracht der extremen Strenge des Gesetzes - den besonderen Rang dieses Dienstes. Daß in Erwigs Gesetz mit wardia Wachtdienste angesprochen waren, darf auf Grund späterer Zeugnisse angenommen werden: Die Qu. der Reconquista verbinden mit guardia den bewaffneten Wachtdienst, den alle milites und infanzones als Berittene zu leisten hatten - und der sich insbesondere auf die Bewachung der Grenzstädte und Befestigungen erstreckte (13). Die in dem Gesetz Erwigs erkennbare Gleichbewertung von Wachtdienst einerseits und Heeresdienst im engeren Sinne andererseits wird auch in den Vorschriften der zu Beginn des 9. Jh.s aufgezeichneten Lex Francorum Chamavorum deutlich. Hinsichtlich des Wachtdienstes wird hier in c. 36 bestimmt: Si quis wactam aut wardam dimiserit, quando ille comes ei cognitium fecerit, in fredo dominico solidos 4 componere faciat (MGHLL V, 275). Jemand, der die ihm vom comes zugewiesene Wacht oder Warte verläßt, soll also als Buße ein Kg.sfriedensgeld von vier solidi (Solidus) entrichten. Eine Buße in derselben Höhe ist gemäß der L. Cham. auch dann fällig, wenn jemand dem Heeresaufgebot nicht (bewaffnet) Folge leistet (c. 34). Wacta und warda stehen in den karol.Qu. in der Reihe zentraler öffentlicher Aufgaben, deren Nichterfüllung mit der Heerbann-Buße gesühnt wurde. So wird z. B. a. 811 im Capitulare Bononiense in c. 3 bestimmt: Ut non per aliquam occasionem, nec de wacta nec de scara nec de warda nec pro heribergare neque pro alio banno, heribannum comis exactare praesumat (MGHLL II, 1 Nr. 74). Die Immunitätsverleihungen führen in der Regel nicht zu einer Befreiung der Bewohner des gefreiten Gutes vom Heer- und Wachtdienst (vgl. etwa Privileg Karls des Großen a. 775 für die Kirche von Metz [MGH Dipl. Karol. I, n. 91]). In der Folgezeit ist auch das Recht bezeugt, sich mittels eines Ablösegeldes (wactaticum, gaitagium) vom Wachtdienst freizukaufen (11). Bei den Angelsachsen bildet im 12. Jh. eine mit Wachtaufgaben betraute warda (decimatio autem est que alicubi dicitur vulgo warda) eine Unterabt. der hundred (Consultatio Cnuti II c. 19 § 2 d [Liebermann, Ges. d. Ags. I, 618]). Im Rahmen des in den ma.engl. Städten praktizierten ward- Systems - in London wird vor 1130 ein System von 24 wardae eingerichtet, die jeweils einem alderman mit einem wardmota unterstanden - löst man sich von der Fixierung auf Wachtaufgaben. Zu den Aufgaben gehören nunmehr u. a. die Organsiation der Verteidigung, die Einziehung von Steuern und die Bekanntmachung von Verordnungen (8). Auch im ma. Schottland begegnet der Begriff ward. So heißt z. B. das Ritterlehen tenure by ward and relief. Die persönliche Bewachung der Kg. erfolgte durch 24 Wächter, die ihrerseits einem door ward unterstanden (4). [...] |
Letzte Änderung | am 17.01.2018 durch V.S. |
Link | http://www.degruyter.com/view/GAO/RGA_6287 |
Lemmata |