LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe treuua (RGA)

Wörterbuch Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter.
Fundstelle Bd. 35
Inhalt

Treue: [...] Den Kern einer germ. Wortfamilie ,Treuebildet das Primäradj. *trewwa- ,treu, zu welchem die agerm. Einzelsprachen verschiedene Abstraktbildungen fortsetzen: Direkt abgeleitet sind: 1. germ. *trewwō in got. triggwa ,Bündnis, Bund, anord. tryggvar,Vertragsgelöbnis, -zustand (nur Pl., isolierter runen-nord. Dat. Sing. triku), ae. trēow, trȳw ,Zuverlässigkeit, (Vertrags-)Treue, Versprechen, Bündnis, as. treuwa ,Treue, Vertrauen, afries. tre(u)we, triūwe ,Treue, Versprechen, Übereinkunft, ahd. treuwa, triuwa ,Treue, Glaube, Beständigkeit, Beistand (glossiert fides, foedus, fas und pactum), langob. treuwa (in mlat. Qu. romanisiert treuga), Treuegelöbnisund 2. germ. *trewwiþō in anord.tryggð ,Vertrauen, Waffenstillstand; Pl. Treueschwur, (Friedens-)Vertrag, ae.(un)trīowð ,(Un-) Treue, ahd. gitriuwida ,Vertrauen, Glauben, Treue. 3. Das Adj. *trewwa- hat neben sich eine Ablautvar. *trūa- in anord. trúr ,treu, gläubig, ne. true ,wahr mit den Abstrakta anord. trú ,Glaube, ae. trūwa ,Vertrauen, Schutz < *trū(w)ō sowie den zugehörigen Verben ahd. trūōn, as. trūōn, ae. trūwian ,vertrauen, glauben, hoffen(außergerm. vergleicht sich apreuß. druwis ,Glaube). Da der Langvokal in *trūa- eine laryngalisch schließende Schwundstufe idg. *druH- nahelegt, wurde auch die Verschärfung in vollstufigem *trewwa- (got. triggws, anord. tryggr) als Laryngalreflex angesehen (29; heute umstritten). 4. Morphologisch ferner, aber semant. benachbart ist das Adj. *trausta- ,stark, festmit seinen Abstraktbildungen got.trausti ,Vertrag, Bündnis, afrz. trāst ,Hilfe, Trost, Zuversicht, anord. traust ,Trost, Stärke, Hilfe, ahd. trōst ,Trost(hierzu 11, 126 ff.). Auffällig ist die auch ins Kelt. weisende Produktivität dieser Gruppe im Bereich der Gefolgschaftsterminologie (Antrustio; Condrusi; Trustis). Die ganze Wortfamilie ist wahrscheinlich wurzelverwandt mit dem alten idg. Baumwort, das in griech. δρῦς ,Eiche, δόρυ, aind. dā́ru ,Holz, Stammsowie in got. triu, ae. trēow (neutr., vs. trēow fem. ,Treue), as. treo, trio, afrz. trē ,Baum(ne. tree, nschwed. träd; vgl. nhd. Teer) fortlebt. Urspr. Bedeutung dürfte ,Eiche, Baum (mit hartem Holz) gewesen sein. Die germ. Adj.bedeutungen ,treu, festwie auch ,wahr erklären sich aus einem Bedeutungswandel ,hart (wie Eichenholz)⇒ ,(stand)fest ⇒ ,zuverlässig(21 mit ält. Forsch.; zustimmend 7, 146 und 13, 603 ff.; anders 2, 257 ff.), wie er ähnlich in etym. verwandtem aind. dāruṇa- ,hart, rauh zu dā́ru- (s. o.) oder unverwandtem lat. rōbustus ,fest, starkzu rōbur ,Eichenholz zu beobachten ist. Die Abstrakta germ. *trewwō und *trewwiþō bezeichneten in den Einzelsprachen verschiedene Formen vertraglicher Bindung bzw. den dadurch erzielten Rechtsfrieden; *trewwō war in dieser Funktion schon in der frühgeschichtl., womöglich auch vorgeschichtl. Rechtssprache terminologisiert (vgl. 11, 117 ff.; 22; 27, 204 ff.). [...]

Letzte Änderung am 17.01.2018 durch V.S.
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