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Treue: [...] Den Kern einer germ. Wortfamilie ,Treuebildet das Primäradj. *trewwa- ,treu , zu welchem die agerm. Einzelsprachen verschiedene Abstraktbildungen fortsetzen: Direkt abgeleitet sind:
1. germ. *trewwō in got. triggwa ,Bündnis, Bund, anord. tryggvar,Vertragsgelöbnis, -zustand (nur Pl., isolierter runen-nord. Dat. Sing. triku), ae. trēow, trȳw ,Zuverlässigkeit, (Vertrags-)Treue, Versprechen, Bündnis, as. treuwa ,Treue, Vertrauen , afries. tre(u)we, triūwe ,Treue, Versprechen, Übereinkunft, ahd. treuwa, triuwa ,Treue, Glaube, Beständigkeit, Beistand (glossiert fides, foedus, fas und pactum), langob. treuwa (in mlat. Qu. romanisiert treuga), Treuegelöbnisund
2. germ. *trewwiþō in anord.tryggð ,Vertrauen, Waffenstillstand; Pl. Treueschwur, (Friedens-)Vertrag , ae.(un)trīowð ,(Un-) Treue, ahd. gitriuwida ,Vertrauen, Glauben, Treue .
3. Das Adj. *trewwa- hat neben sich eine Ablautvar. *trūa- in anord. trúr ,treu, gläubig, ne. true ,wahr mit den Abstrakta anord. trú ,Glaube, ae. trūwa ,Vertrauen, Schutz < *trū(w)ō sowie den zugehörigen Verben ahd. trūōn, as. trūōn, ae. trūwian ,vertrauen, glauben, hoffen(außergerm. vergleicht sich apreuß. druwis ,Glaube ). Da der Langvokal in *trūa- eine laryngalisch schließende Schwundstufe idg. *druH- nahelegt, wurde auch die Verschärfung in vollstufigem *trewwa- (got. triggws, anord. tryggr) als Laryngalreflex angesehen (29; heute umstritten).
4. Morphologisch ferner, aber semant. benachbart ist das Adj. *trausta- ,stark, festmit seinen Abstraktbildungen got.trausti ,Vertrag, Bündnis , afrz. trāst ,Hilfe, Trost, Zuversicht, anord. traust ,Trost, Stärke, Hilfe , ahd. trōst ,Trost(hierzu 11, 126 ff.). Auffällig ist die auch ins Kelt. weisende Produktivität dieser Gruppe im Bereich der Gefolgschaftsterminologie (Antrustio; Condrusi; Trustis).
Die ganze Wortfamilie ist wahrscheinlich wurzelverwandt mit dem alten idg. Baumwort, das in griech. δρῦς ,Eiche , δόρυ, aind. dā́ru ,Holz, Stammsowie in got. triu, ae. trēow (neutr., vs. trēow fem. ,Treue ), as. treo, trio, afrz. trē ,Baum(ne. tree, nschwed. träd; vgl. nhd. Teer) fortlebt. Urspr. Bedeutung dürfte ,Eiche, Baum (mit hartem Holz) gewesen sein. Die germ. Adj.bedeutungen ,treu, festwie auch ,wahr erklären sich aus einem Bedeutungswandel ,hart (wie Eichenholz)⇒ ,(stand)fest ⇒ ,zuverlässig(21 mit ält. Forsch.; zustimmend 7, 146 und 13, 603 ff.; anders 2, 257 ff.), wie er ähnlich in etym. verwandtem aind. dāruṇa- ,hart, rauh zu dā́ru- (s. o.) oder unverwandtem lat. rōbustus ,fest, starkzu rōbur ,Eichenholz zu beobachten ist. Die Abstrakta germ. *trewwō und *trewwiþō bezeichneten in den Einzelsprachen verschiedene Formen vertraglicher Bindung bzw. den dadurch erzielten Rechtsfrieden; *trewwō war in dieser Funktion schon in der frühgeschichtl., womöglich auch vorgeschichtl. Rechtssprache terminologisiert (vgl. 11, 117 ff.; 22; 27, 204 ff.). [...]
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