LegIT

Der volkssprachige Wortschatz der Leges barbarorum

Wörterbuchangabe salicus (RGA)

Wörterbuch Beck, Heinrich/Brather, Sebastian/Geuenich, Dieter/Heizmann, Wilhelm/Patzold, Steffen/Steuer, Heiko: Germanische Altertumskunde Online. Kulturgeschichte bis ins Frühmittelalter - Archäologie, Geschichte, Philologie. (2010). Berlin, Boston: De Gruyter.
Fundstelle Bd. 16
Inhalt

Gab es ein Volk der Salier?: [...] Wir haben davon auszugehen, daß das Wort salicus nicht von einem Volksnamen abgeleitet ist. In der Lex Salica kommt nun ein Ausdruck vor, der salicus enthält, ohne daß es der Allgemeinheit einfiele, dieses Wort hier als „salfränkisch“, also als ein Namenadjektiv aufzufassen. Dieser Ausdruck lautet terra salica. Mehrere Handschriften unseres Rechtsbuches (nicht alle) enthalten diese Wortgruppe. Eckhardt hat tatsächlich „salfränkisches Land“ übersetzt. Er hat aber nicht angemerkt, ob er terra salica auch dann als „salfränkisches Land“ verstanden wissen wollte, wenn es außerhalb unseres Rechtsbuches vorkommt. Sonst fällt es nämlich kaum jemandem ein, terra salica als „salfränkisches Land“, „Land der salischen Franken“ zu übersetzen oder auch nur zu verstehen – und sich wohl gar als Gegensatz dazu „ribuarfränkisches“ oder „rheinfränkisches“ Land zu denken. Wenn aber lex salica wirklich „salfränkisches Recht“ bedeutet hätte, müßte es auch erlaubt sein, terra salica als „salfränkisches Land“ aufzufassen. Unter terra salica versteht man aber das ‚Herrenland‘ oder ‚Herrengut‘ und zwar mit Recht, denn terra salica ist mit casa indominicata ‚Herrenhof‘ austauschbar; und selilant = terra salica bildet eine althochdeutsch-lateinische Wortgleichung. Bei terra salica ist sich die herrschende Meinung also einig, daß salicus nicht von einem Eigennamen, sondern von einem Begriffswort abgeleitet ist [...]. Die Behauptung, das germanische Wort, von dem das griechisch/lateinische Sálioi/Salii und das lateinische salicus abgeleitet sind, habe den Wert eines Begriffsworts und nicht eines Eigennamens gehabt, läßt sich mit Hilfe der Etymologie beweisen: Im Jahre 1989 hat Norbert Wagner eben dieses germanische Wort untersucht. Er stellt fest: „In der gesamten bisherigen Diskussion ist nun allerdings ein Umstand unberücksichtigt geblieben, nämlich der, daß ein Appellativum beibringbar ist, welches dem Stammesnamen in seiner Gänze entspricht.“ Dieses Begriffswort ist unser neuhochdeutsches Geselle, ahd. gi-sell(i)o ‚Gefährte, Freund, Mitstreiter – sodalis, collega, socius; Geselle, Genosse, Kamerad [...]‘. Auch die Form sellun (ohne das Präfix ge-) ist im Althochdeutschen belegt, und zwar als Verdeutschung von lat. socii. Die vorauszusetzende germanische Wortform ohne ge-, also *saljon bildet genau die, als deren griechische Entsprechung Sálioi erscheint [...].

Letzte Änderung am 16.01.2018 durch V.S.
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